Kelley Vickstrom
Viele Menschen zögern, psychologische oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vielleicht haben auch Sie über einen langen Zeitraum versucht, mit Ihren Problemen alleine fertig zu werden. Der Entscheidung, eine/n PsychologIn oder TherapeutIn zu konsultieren, geht meist eine schrittweise Annäherung voran. Sie waren vielleicht schon einige Male an dem Punkt, haben im Internet recherchiert und zum Telefonhörer gegriffen, aber dann doch wieder einen Rückzieher gemacht.
Die Vorstellung, sich einem fremden Menschen anzuvertrauen, stellt mitunter eine nicht zu unterschätzende Hürde dar, die es bei der Kontaktaufnahme zu einer/m PsychologIn/TherapeutIn zu überwinden gilt. „Wird die/der TherapeutIn mein Problem überhaupt verstehen?“, „Wird sie/er mich, so wie ich bin und lebe, ernst nehmen und mein Lebenskonzept akzeptieren?“ – das sind berechtigte Fragen, die die Suche nach dem geeigneten Therapeuten begleiten.
Wer mit Psychotherapie noch keine Erfahrung hat, steht dieser Behandlungsform oftmals skeptisch gegenüber. Sie fragen sich vielleicht, weshalb das Gespräch mit einem Außenstehenden ergiebiger sein soll als der Austausch mit Angehörigen oder FreundInnen. Familiärer oder freundschaftlicher Beistand besitzt ihre eigene Qualität und stellt im Leben jedes Einzelnen eine wertvolle, unverzichtbare Ressource dar. Die Bearbeitung von Problemen mit einem „professionellen Außenseiter“ bietet aber gerade den Vorteil, dass sie/er nicht Teil des sozialen Umfeldes ist und es ihr/ihm gerade deswegen eher möglich ist, neutral und unvoreingenommen an das aktuelle Anliegen heran zu gehen.
Neutralität: Darunter versteht man in der systemischen Therapie, dass die Therapeutin den gleichen Abstand zu allen Familienmitgliedern, allen Gruppenmitgliedern oder zu beiden EhepartnerInnen hat und bewahrt, um die Neutralität nicht zu gefährden. Wir sprechen auch von einer Problem- und Veränderungsneutralität: Wenn es um die Lösung eines Problems geht, geht es immer auch um das Bewahren des Problems und um die Veränderung. Die Veränderung muss der Klient bewirken, daher ist es wichtig, dass die Beraterin genauso gute Gründe sieht, für das Bestehen des Problems, wie für
die Lösung. Dadurch hält sie beides im Gleichgewicht und der Klient hat die Möglichkeit sich zu entscheiden.
Wertschätzung: Jeder Klient wird in ihrer Einzigartigkeit gesehen, geachtet und wertgeschätzt. Es wird weder beurteilt noch verurteilt. Jede einzelne Person hat Gründe so zu handeln wie sie handelt, es ergibt für sie immer Sinn. Jeder Mensch, der bereit ist für sich aktiv etwas zu verändern, erhält meine volle Aufmerksamkeit und Respekt.
Problemverständnis: Probleme sind Konstrukte (eigene Erfindungen) der Beteiligten. Jede beteiligte Person beschreibt, erklärt, bewertet und fühlt dieses Konstrukt auf eine ihr eigene, völlig individuelle Weise. Die Probleme können von außen stehenden Personen niemals in derselben Form und Ausmaß wahrgenommen werden, wie es die betroffene Person empfindet. Jedes Problem ist also einzigartig, wird nur von der betroffenen Person wahrgenommen und ist für diese jedoch in dem Moment wirklichkeitsbestimmend.
Ressourcenorientierung: Wir gehen davon aus, dass der Klient "nichts fehlt" er kein Defizit hat. Alle Ressourcen zur Lösung des Problems sind ihm prinzipiell verfügbar. Sie können nur zurzeit nicht abgerufen werden. Diese Haltung respektiert in hohem Maße, die Eigenleistung des Klienten. Er hat gute und verständliche Gründe für das bisherige Verhalten. Das Nichtbenützen vorhandener Ressourcen zur Lösung wird in der Therapie verstehbar.